Hannah Kent - Das Seelenhaus

»Die Agnes? Die Agnes, die mit dem Fridrik ...? Die Mörderin von Natan Ketilsson?« (...) »Aber Margrét! Das ist genau der Grund, weshalb ich gekommen bin! Ósk Jóhannsdóttir meinte, sie habe mit Soffia Jónsdóttir gesprochen, deren Bruder Jóhann Knecht auf Hvammur ist, un von ihr gehört, Blöndal habe beschlossen, Agnes vom Stóra-Borg-Hof zu entfernen, weil man nicht riskieren wolle, dass eine so wichtige Familie ermordet wird...« S. 78

Seiten: 379
Verlag: Droemer
Originaltitel: Burial Rites

Warum dieses Buch: Das ist diesmal einfach: Ich habe es geschenkt bekommen, weil es mit Island zu tun hat und die Schenkerin wusste, dass ich Island mag. Punkt.

Das sagt der Klappentext: »Sie sagen, ich soll sterben. Sie sagen, ich hätte Männern den Atem gestohlen und jetzt müssten sie mir den meinen stehlen.«

Island 1828. Agnes ist eine selbstbewusste und verschlossene Frau. Sie wird als hart arbeitende Magd respektiert, was sie denkt und fühlt, behält sie für sich. Als sie des Mordes an zwei Männern angeklagt wird, ist sie allein. Die Zeit bis zur Hinrichtung soll sie auf dem Hof eines Beamten verbringen. Die Familie ist außer sich, eine Mörderin beherbergen zu müssen - bis Agnes Stück um Stück die Geschichte ihres Lebens preisgibt.

Das sage ich: Das Seelenhaus beruht auf einer wahren Begebenheit. im 19. Jahrhundert war Agnes Magnúsdóttir war die letzte Frau, die auf Island hingerichtet wurde. Zu diesem Thema ist - hauptsächlich auf isländisch - recht viel geschrieben worden, aber der Roman von Hannah Kent behandelt den Fall mehr aus der Sicht der angeklagten Mörderin, als alles, was ich bisher zu dem Thema gefunden hatte.

Das Seelenhaus ist abwechselnd durch einen Erzähler und in der Ich-Form aus der Perspektive der Angeklagten Agnes geschrieben. Zwischendurch finden sich Briefe und Anhänge aus Aufzeichnungen von Verwaltungsbeamten aus Island oder Dänemark. Diese Schriften sind - so steht es jedenfalls im Epilog - zum Teil aus Originaltexten entnommen und meist nur geringfügig adaptiert.

Die australische Autorin hat sich eindeutig viel Mühe bei ihrer Recherche gegeben und dürfte auch gut isländisch sprechen, zumindest hört es sich in Umschlagtext und Epilog so an.
All das hat dazu geführt, dass ich das Gesamtkonzept des Romans schon vor dem Lesen sehr sympathisch fand.

Und (wo ist der Trommelwirbel?) ich wurde auch nicht enttäuscht. Das Seelenhaus liest sich sehr flüssig und ist ziemlich spannend. Wohl gemerkt aber nicht so spannend, dass man es so absolut nicht aus der Hand legen könnte.. Immerhin weiß man ja mehr oder weniger schon vorher, wie es ausgehen wird.
Trotzdem war mir beim Lesen nicht langweilig und obwohl die Handlung am Anfang etwas schleppender voran ging habe ich mich schnell in die Geschichte hineingefunden und war im Großen und Ganzen sehr fasziniert von ihr.

Im Text finden sich immer wieder Bruchstücke von Isländisch und auch die Texte zwischen den Kapiteln sind ab und zu in Originalsprache wiedergegeben. Aber keine Sorge, für Leute, deren Isländisch nicht ganz so gut ist, folgt die Übersetzung natürlich auf dem Fuße.
Das Leben auf isländischen Bauernhöfen dieser Zeit scheint mir übrigens ebenfalls gut recherchiert und man kann sich schön in die Torfhäuschen hineinträumen und mitfrieren und zwar ohne falsche Romantik.
Also allen Islandliebhabern lege ich dieses Buch auf jeden Fall schonmal ans Herz!

Mein einziger kleiner Kritikpunkt... eher ein Kritikpünktchen ... bezieht sich auf die Figuren. Sie allesamt waren zwar sehr gut ausgearbeitet, bei manchen fragt man sich dann doch wozu. Man erfährt anfangs viel über sie, bekommt auch noch einen Teil ihrer Entwicklung mit, aber was sie tatsächlich motiviert und wie sie sich am Ende entwickelt haben, kommt mir irgendwie zu kurz.

Trotzdem gebe ich fünf dem Buch Punkte, denn es ist einfach zu gut geschrieben...

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