Arkadi und Boris Strugatzki - Montag beginnt am Samstag

"Was ist mit dir, Knips?" fragte ich.
"Ist dein Apparat kaputt?" fragte er mit singender Stimme.
"Einen Erwachsenen spricht man mit Sie an", belehrte ich ihn.
Der Knabe sehr verwundert, dann aber leuchtete sein Gesicht auf. "Ach ja, ich weiß schon. Wenn ich mich recht erinnere, so war das in der Epoche der zwangsweisen Höflichkeit so Brauch. Wenn bei dir aber eine Anrede mit du eine Disharmonie in deinem emotionalen Rhythmus hervorruft, bin ich gerne bereit dir mit einer beliebigen anderen Anrede entgegen zu kommen." (S. 225)


Verlag: suhrkamp taschenbuch
Seiten: 272
Originaltitel: Понедельник начинается в субботу

Warum dieses Buch: Meine bessere Hälfte hat das Buch eines Tages mit nachhause gebracht. Er hat es geschenkt bekommen von irgendeiner Dame, die ihre Bibliothek aufgelöst hatte. Oder so. Genauergesagt, hat die bessere Hälfte zwei Bücher der Strugazkis mitgebracht, eines habe ich bereits in diesem Jahr gelesen (und rezensiert). Seitdem wollte ich auch das Zweite lesen und endlich hab ich es geschafft! 

Das sagt der Klappentext: Witz der Groteske: In einem "naturwissenschaftlichen Institut für Zauberei und Wohlfahrt" werden Fabelwesen, Idole, Gestalten des Märchens und Wunschträume der Kollektivphantasie materialisiert, ökonomisch nutzbar und damit zum Konsum geeignet gemacht ... ein aktueller Zukunftsroman. 
Bayerischer Rundfunk

Das sage ich: Der Klappentext liest sich ein bisschen wie ein Bewerbungsschreiben... "Da Ihre Firma Fabelwesen, Idole, Gestalten des Märchens und Wunschträume der Kollektivphantasie materialisiert, ökonomisch nutzbar und damit zum Konsum geeignet macht, spricht mich die Stelle sehr an und ich bewerbe mich bei Ihnen"... oder so ähnlich.
Aber das nur am Rande

Ich falle gleich mit der Tür ins Haus: Ich fand Montag beginnt am Samstag genauso umwerfend, wie Picknick am Wegesrand.
Ich liebe einfach diese Subtilität, mit der völlig absurde Figuren und Themen eingeführt werden, als wäre nichts Besonderes dabei. Und die absurden Figuren und Themen liebe ich gleich mit. 

Montag beginnt am Samstag ist in drei Geschichten gegliedert, die aber alle aus der Sicht ein und desselben Protagonisten, dem Progammierer Sascha Privalov erzählt werden. Zwischen den Geschichten ist nur jeweils etwas Zeit vergangen: In der ersten Geschichte kommt Privalov neu in die Stadt und sieht sich mit allerhand ungewöhlich-absurden Erscheinungen konfrontiert. In der zweiten Geschichte hat er sich dann bereits eingelebt und in der dritten wird schließlich einem Geheimnis auf den Grund gegangen. Aber naja, es passiert noch viel, viel mehr...

Ein Problem hatte ich aber mit den vielen verwirrenden Namen. Die Mitarbeiter des Instituts für Zauberei und Wohlfahrt werden zwar eingeführt, aber im Prinzip relativ oberflächlich beschrieben (zum Beispiel nur anhand ihres Spezialgebietes), sodass ich mich teilweise nicht mehr richtig erinnern konnte, wann ich es mit welchem Kollegen Privalovs zu tun hatte. Das hat mich dann aber auch nicht weiter gestört, denn eigentlich ist es gar nicht so wichtig, wer nun wer ist, das Wichtige in dem Roman ist die Handlung...
Übrigens hatte ich bei einigen Stellen das Gefühl, eine gewisse Gesellschaftskritik herauszulesen... Leider habe ich wenig Ahnung von sowjetischen Wissenschaftsinstituten, trotzdem wurde mir das Buch dadurch gleich noch ein Stück sympathischer.

Eine Stelle hat mich aus irgendwelchen Gründen seltsam berührt. Wahrscheinlich war es Zufall, aber das war eine Stelle, die ich derartig bildlich vor Augen hatte, dass ich davon eine Gänsehaut bekommen habe...Ich glaube zwar, dass sie aus dem Zusammenhang gerissen nicht so wirken wird, aber ich werde sie euch trotzdem nicht vorenthalten:

Roman stand mit aufgestütztem Knie an seinem Laboratoriumstisch und blickte nachdenklich auf einen kleinen grünen Papagei, welcher in einer Tasse lag. Der Vogel war tot, seine Augen hatten sich mit einem matten Schleier überzogen.
„Was ist mit ihm?“ fragte ich
„Ich weiß nicht“, sagte Roman. „Krepiert ist er, wie du siehst.“
„Woher hast du plötzlich einen Papagei?“
„Das weißich selber nicht.“ (…) Wir beugten uns beide über den toten Vogel und untersuchten ihn sogfältig. An einem seiner schwarzen zusammengekrümmten Beinchen befand sich ein kleiner Ring. „Photon“, entzifferte Roman.
„So“ ertönte von hinten eine bekannte Stimme. Wir drehten uns um. „Guten Tag“ sagte U-Janus und trat näher. Er machte einen müden und traurigen Eindruck. (…) Janus erblickte den Papagei und sagte noch einmal „So“ Er nahm den Vogel sehr behutsam und zärtlich in die Hand, strich leicht über sein schönes Gefieder und murmelte vor sich hin: „Was ist mit dir, kleiner Photon?“
(S. 223)

Der Grund, warum ich dem Buch nur vier Hüte gebe ist nur, dass ich fast einen Monat zum lesen gebraucht habe. Es hat mir wirklich wirklich gut gefallen, aber Bücher die mich so absolut umhauen, dass sie fünf Hüte bekommen, lese ich im Normalfall schneller...









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