Jennifer Gooch Hummer - Der Sommer, als Chad ging und Daisy kam
"Ich sah hoch zu der großen Digitaluhr an der Bank of Maine, und dann kam mir plötzlich der Gehweg mit voller Wucht entgegen." S. 87
Verlag: Carlsen
Seiten: 350
Originaltitel: Girl Unmoored
Warum dieses Buch: Ich glaube, eine Rezension auf Lovelybooks oder auf einem anderen Blog hat mich derart inspiriert, dass das Buch postwendend auf meine Wunschliste gewandert ist. Meine unglaublich aufmerksame bessere Hälfte hat dann auf meiner Wunschliste spioniert und es mir zum Jahrestag geschenkt :D Danke schön!
Das sagt der Klappentext: Aprons Leben ist in Aufruhr: Sie versucht, über den Tod ihrer Mutter hinwegzukommen, die neue Partnerin ihres Vaters ist bei ihnen eingezogen und ihre beste Freundin Bennie hat sie ausgerechnet jetzt fallen lassen. Apron wappnet sich für einen einsamen Sommer - aber dann lernt sie Mike kennen. Mike und sein Lebensgefährte Chad haben einen Blumenladen und bieten ihr einen Ferienjob an. Die beiden stehen ihr freundschaftlich zur Seite in Zeiten, in denen sich sonst niemand um sie kümmert; ihr Blumenladen wird für Apron zur Zuflucht und zu einem zweiten Zuhause. Doch Chad ist todkrank und Apron muss lernen, auf eigenen Füßen zu stehen.
Das sage ich: Zu einem Buch gehören auch immer die Paratexte, also Klappentext, Titel usw. Nun ist es natürlich sehr schade, für eine Übersetzung, wenn da etwas verhaut wird. Und vielleicht sollte man die Paratexte in solchen Fällen ignorieren. Hier fällt mir das aber irgendwie schwer. Zunächst heißt die beste Freundin von Apron nicht BENNIE, wie das im Klappentext steht, sondern Rennie.
Aber das ist noch das geringste Problem, das ich mit der Aufmachung der Übersetzung habe. Liest man den Titel und dann den Klappentext, weiß man eigentlich schon alles. Man kann sich das Lesen im Prinzip sparen.
Ich verstehe wirklich nicht, wer hier wovon geritten wurde, einen Titel wie "Girl Unmoored" derart zu verhunzen. Gut, an sich ist der Titel okay... wenn er nicht in acht Worten wirklich das GANZE Buch zusammenfassen würde.
Gut, genug gelästert. Kommen wir zu dem Buch selbst. Und ich möchte mit etwas Positivem anfangen, darum: Ich habe geheult wie ein Schlosshund. Der Sommer, als Chad ging und Daisy kam ist stellenweise wirklich richtig be-rührend und darum sehr schön.
Leider konnte ich mich sonst nur in wenigen Punkten damit anfreunden. Ich fand die Erzählweise oft sehr verwirrend, da oft nicht klar ist, wovon die Protagonistin (der Roman ist in der Ich-Perspektive erzählt) jetzt spricht, bzw. wann sich das, wovon sie erzählt denn jetzt zugetragen hat. Dazu kamen Formulierungen wie "Seine Worte sausten wie ein Airball in der Spielverlängerung in mich hinein" (S. 173), "Ich faltete den letzten Hoffnungszipfel zusammen und legte ihn auf das oberste Regal meines Lebens" (S. 168) oder "Zwanzig Minuten bevor der Laden aufmachte plumpste mir ein orangefarbener Warnkegel in den Magen" (S. 270), bei denen ich nicht so ganz wusste, was ich jetzt von ihnen halten sollte. Einerseits sehr originell auf der anderen Seite irgendwie überzogen und manchmal unpassend.
Auf der Positiven Seite finden sich in Der Sommer, als Chad ging und Daisy kam aber auch häufig sehr amüsante Formulierungen und meistens ist es relativ leicht zu lesen.
Oft fehlten mir aber weitere Erklärungen und ich hatte das Gefühl die Leser müssten sich Abläufe irendwie selbst zusammenreimen... Zum Beispiel war ich sehr überfordert mit der Beschreibung des Elternsprechtags. Wie läuft der bitte ab? Wer wartet warum worauf am Gang?? Möglicherweise laufen die Elternsprechtage in Amerika alle gleich ab und es war keine Erklärung notwendig? Ich war jedenfalls verwirrt.
Die Protagonistin war recht sympathisch, hat aber ab und zu Anwandlungen, die mir etwas überzogen erschienen. Auch, dass jemand an einem Tag SO VIEL PECH haben kann, war dann irgendwie etwas zu viel des Guten.
Das Ende und besonders die Entwicklung eines bestimmten Charakters empfand ich auch als etwas zu viel. Aber hierzu kann ich nicht mehr schreiben ohne zu spoilern. Einigen wir uns einfach auf "etwas zu viel"
Außerdem ist die Protagonistin erst 13, sodass mich das Ganze stellenweise ein bisschen an die "Finde-die-Moral-bevor-sie-dich-findet"-Bücher erinnert hat, die wir in der Schule in der Schulbibliothek hatten. Man nehme ein aktuelles Problem (Erwachsenwerden, Magersucht, Drogen o.ä.) schmeiße eine Protagonistin hinein, die in etwa das Alter der Zielgruppe hat und versuche so, die jungen LeserInnen auf den richtigen Pfad zu lenken und sie zu einer Erkenntnis zu bringen... (fand ich früher schon schlimm.. Jaja, Drogen sind schlecht, ja, danke, hab ich mir schon gedacht...)
Alles in allem war das Buch ganz nett zu lesen und es war eine Geschichte, die mich zu Tränen gerührt hat und das ist bekanntlich ja schon ein dicker Pluspunkt bei mir. Sonst verbirgt sich hinter dem Titel leider nicht viel mehr, das Buch ist GENAU das, was es verspricht und leider auch kein Stück mehr...
Hätte ich das Buch mal lieber in der Originalversion gelesen...
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