Sasha Grey - Die Juliette Society
"Der Big Bang hat ein Universum erschaffen, das aus Sonnensystemen besteht - jedes eine riesige Gebärmutter, ein Brutkasten für Planeten, die wiederum nichts als kosmische Eizellen sind, die nur darauf warten, mit dem Samen des Lebens befruchtet zu werden." S. 68
Verlag: Heyne Verlag
Seiten: 320
Originaltitel: Juliette Society
Warum dieses Buch: Ich mag Sasha Grey. Ich hab mal eine Dokumentation über PornodarstellerInnen gesehen, und seitdem mag ich sie. Ich fand auch faszinierend, dass sie aus dem Geschäft ausgestiegen ist um Kunst und Kram zu machen. Ich bin ein Fan auf Facebook und mag die Fotos die sie postet. Und sie setzt sich für PETA ein... Darum wollte ich das Buch lesen. Das war aber auch alles, was ich vorher über Die Juliette Society wusste. Ich habe den Klappentext nicht gelesen und mich vorher nicht informiert... Ich hatte also so meine ganz eigenen Erwartungen...
Das sagt der Klappentext: Bevor wir anfangen, will ich, dass sie drei Dinge für mich tun. Erstens: Lassen Sie sich von dem, was Sie gleich lesen, nicht aus der Fassung bringen. Zweitens: Lassen sie alle Hemmungen fallen. Drittens, und das ist das Wichtigste: Alles, was Sie von jetzt an sehen und hören, muss unter uns bleiben.
Das sage ich: Wie gesagt: Ich mag Sasha Grey. Ich finde, sie wirkt wie eine intelligente Frau und ich dachte, dass sie künstlerisch einiges drauf haben könnte, sozusagen. Ich hatte recht hohe Erwartungen. Ich dachte wohl auch, die Autorin habe genug von der Pornoindustrie und ich hatte mich auf eine Geschichte gefreut, die mich literarisch anspricht und mitreißt. Und so.
Und, ich sage es gerade heraus: Meine Erwartungen wurden enttäuscht. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.
Die Handlung ist nur mäßig spannend. Eigentlich passiert so gut wie gar nichts. Es gibt einen Punkt gegen Ende, an dem ich mit einer spannenden Wendung gerechnet habe, damit, dass noch irgendetwas einschlägiges passiert. Aber falsch gehofft. Die Handlung verfolgt ihren eingeschlagenen Weg weiter und das, was von Anfang an bereits klar war, wird eben noch einmal veranschaulicht. Und Punkt und Aus und Ende, einfach so.
Die Figuren sind auch nicht besonders beeindruckend. Die Protagonistin scheint in Ordnung zu sein, bietet genug Identifikationspotential um nicht während des Lesens einzuschlafen, aber das wars auch schon. Die meisten Figuren bleiben nur oberflächlich beschriebene Randfiguren ohne tiefere Zeichnung. Sie sind für die Handlung (die es eigentlich sowieso nicht gibt), nicht wirklich wichtig.
Alles scheint darauf ausgerichtet zu sein, Leser und LeserInnen das Gefühl zu vermitteln sie würden einen Pornofilm sehen. Detaillierte und unnötige Beschreibungen von Körperteilen und -flüssigkeiten, von - für manchen vielleicht inspirierende - Ideen und Varianten der körperlichen Liebe. Schriftlicher Porno. Es scheint, als wären die Figuren nur deshalb so langweilig und die Handlung nur deshalb so uninteressant, damit möglichst viel Platz bleibt für solche Beschreibungen. Um zu provozieren, zu inspirieren, sich auszutoben... oder wozu auch immer. Jedenfalls fand ich das eher langweilig und enervierend.
Und das liegt nicht daran, dass ich prüde bin, ich halte es nur absolut nicht aus, wenn die Sexualität in Büchern über den literarischen Anspruch gestellt wird. Man kann das doch auch kombinieren, Leute! De Sade hat es geschafft, aus seinen Büchern philosophisch relevante Werke zu machen. Die Juliette Society mag das vielleicht versuchen, scheitert aber kläglich, indem die philosophischen Ansätze nur Platitüden sind. Eine Story of O für Arme, mit philosophischen Überlegungen, die auch ein Zehnjähriger hinbekommen könnte.
Die intertextuellen Verweise wirken, als wolle die Autorin intelligent und gebildet klingen, spulen dabei aber nur Basiswissen und Klischees ab, wie es schlimmer kaum sein könnte. So wird zum Beispiel Kubrick erwähnt (natürlich im Bezug auf Eyes Wide Shut) und Freud (natürlich nur im Bezug auf seine "frauenfeindliche" Sexualtheorie).. und so weiter und so fort. Die Anspielung auf de Sade im Titel wird gleich auf den ersten Seiten erklärt und es erscheint mir, als würde die Autorin ihren LeserInnen diese Assoziation nicht selbst zutrauen. Deshalb folgt auch gleich eine grausige Beschreibung De Sades angeblicher Persönlichkeit über die man vielleicht schmunzeln muss, aber nicht ohne sich ein bisschen fremdzuschämen.
Das einzig Positive, was ich dem Buch abgewinnen kann, ist, dass der Schreibstil recht flüssig ist und es sich gut und schnell lesen lässt. Ist aber auch nicht schwer, wo ein durchschnittlicher Satz in Die Juliette Society aus etwa fünf Worten besteht. Ganz gelungen fand ich außerdem die Verschwimmung von Realität und Traum im Roman. Aber das wars auch schon.
Vielleicht war ich beim Lesen zu sehr auf die Autorin (und das Bild, das ich von ihr hatte) fixiert, vielleicht waren auch meine Erwartungen zu hoch, aber trotzdem. Ich kann dem Buch einfach nicht mehr als ein Hütchen geben...
Kommentare
Kommentar veröffentlichen