José Saramago - Kain

"Meine Berechnungen sagen etwas anderes, erwiderte der Herr, Deine Berechnungen sind falsch, (...) vielleicht weißt du nicht, dass Schiffe deshalb schwimmen, weil der ganze in die Flüssigkeit eingetauchte Körper einen Auftrieb ausübt, entsprechend dem Gewicht der verdrängten Wassermasse, das ist das archimedische Prinzip, Gestattet mir, Herr, meinen Gedanken kundzutun, sagte Noah, Sprich, sagte Gott, sichtlich verärgert, Kain hat recht, Herr, wenn wir hier darauf warten, dass das Wasser uns anhebt, werden wir alle ertrinken und es wird keine neue Menschheit geben." S.154



Verlag: btb
Seiten: 175
Originaltitel: Caim


Warum dieses Buch: Zum einen, weil ich ganz begeistert von Die Stadt der Blinden war, zum anderen, weil ich auch mal wieder etwas anderes lesen wollte, als Jugendbücher

Das sagt der Klappentext: Die Geschichte der Menschheit ist die Geschichte ihrer Uneinigkeit mit Gott.
José Saramago, Literaturnobelpreisträger und bekennender Atheist, schreibt in seinem letzten Roman die Bibel kurzerhand um und lässt so den Brudermörder Kain eine ganz eigene Reise durch das Alte Testament antreten.

Das sage ich: Kain ist - wenig überraschend - die Geschichte von Adams und Evas ältestem Sohn Kain. Aber es ist - ebensowenig überraschend - nicht die Geschichte, wie sie in der Bibel erzählt wird. Eher ist Kain ein philosophischer Diskurs über Gut und Böse, dem Glauben der Menschen an eine übernatürliche Gottheit und das Theodizeeproblem. 


Ich muss zugeben, dass ich alles andere als bibelfest bin, weswegen mir übrigens vermutlich auch einige großartige Aspekte des Buches verborgen geblieben sind. Eigentlich war ich sogar überrascht, als sich durch sporadisches Befragen von Wikipedia herausgestellt hat, wie nahe die Geschichte sich doch (zumindest teilweise) am alten Testament (hoff ich jetzt, ähem) bewegt.

Kain ist nicht nur eine Geschichte aus Episoden dieses Testaments, sondern beinhaltet außerdem eine Geschichte über die Sprache, die bei den Anfängen beginnt, als sie noch in Kinderschuhen steckte. Und sie übrigens von Gott... gebracht.. .wurde. Ich möchte nicht zu viel verraten! Mit Kain entwickelt sich auch die Sprache immer weiter.

Alles in allem ist Kain eine höchst blasphemische Bearbeitung der Bibel und ich muss gestehen, ich fand es schlicht und ergreifend witzig. Die Absurdität dessen, was in diesem Buch, wie wir es kennen steht, wird mehr als deutlich und mit herrlicher Ironie auf den Punkt gebracht. Die unendlich langen Sätze ohne Punkt, Komma und vor allem ohne Anführungszeichen mögen zwar verwirrend sein, doch sind sie uns doch schon aus Die Stadt der Blinden bekannt, wo zumindest ich sie als sympathisches Stilmittel begrüßt habe. Ja, es macht das Lesen verwirrend. Ja, es ist unpraktisch, weil man oft nicht weiß, wer denn gerade spricht. Aber das macht Saramago (unter anderem) doch ein bisschen aus und deshalb ist das in Ordnung, finde ich.

Schade fand ich allerdings, dass, sobald man den Ton des Buches und die groben Züge der Handlung erst mal begriffen hat, nicht viel Neues passiert. Es geht im Stil der ersten Seite weiter und wird zwischendurch teilweise ein wenig langweilig. Aber für mich hat es sich gelohnt, diesen Kelch an mir vorübergehen zu lassen, und einfach weiterzulesen, denn das Ende fand ich wieder richtig gut! Und so dick ist das Buch ja nicht, dass es eine Qual wäre, sich mal ein, zwei Seiten lang zu langweilen!






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