Olga Grjasnowa - Der Russe ist einer, der Birken liebt
"Meine Eltern hatten sich lange den Kopf darüber zerbrochen, wie sie Elias' Namen russifizieren könnten, um ihm ihre Liebe und einen zärtlichen Diminutiv aufzudrücken. Als mein Vater endlich Elischa ausrief, klatschte meine Mutter vor Vergnügen in die Hände - Elischa war angenommen." (S. 26)
Verlag: dtv
Seiten: 284
Warum dieses Buch: Ich habe nicht die geringste Ahnung. Ich vermute, dass ich es einmal zu Weihnachten oder zum Geburtstag geschenkt bekommen habe. Oder ich habe es in einer spontanen Laune einmal aus einer Buchhandlung mitgenommen, weil ich den Titel nett fand. Jedenfalls kann ich mich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern, wie das Buch bei mir gelandet ist...
Das sagt der Klappentext: Mit kühler Ironie und beeindruckender Prägnanz erzählt Olga Grjasnowa die Geschichte der höchst eigenwilligen jungen Sascha, die keine Grenzen kennt. In ihrer Welt kommen viele Kulturen und viele Traditionen zusammen. Sie könnte überall leben. Doch eine Heimat hat sie nicht.
Das sage ich: Ja, was sage ich?
Meine Meinung zu diesem Buch hat sich interessant entwickelt.
Der Russe ist einer, der Birken liebt behandelt das Leben einer in Aserbeidschan geborenen und in Deutschland lebenden Dolmetschstudentin Mascha. Im Lauf der Erzählung werden die Ereignisse in Aserbeidschan zum Schwarzen Januar sowie andere kriegerische Unruhen in der Welt thematisiert.
Am Anfang wollte ich am liebsten wieder aufhören. Die Protagonistin war mir so wahnsinnig unsympathisch, dass ich sie nur noch anschreien wollte. Ein Grund dafür könnte unter anderem der Schreibstil gewesen sein. Die Protagonistin erzählt ihre Geschichte mit einer Eiseskälte (was wohl die am Klappentext erwähnte "Ironie" sein soll), die mich fast zur Verzweiflung getrieben hat.
Grundsätzlich mag ich diese Art der Erzählweise meistens, hier hat sie mich aber ganz furchtbar gestört. Vielleicht, weil in der Geschichte Dinge passiert sind auf die man anders hätte reagieren sollen als mit ironischer Kälte, vielleicht hat mir aber auch nur der nötige Grad an Identifikationspotential gefehlt.
Die Protagonistin ist Dolmetschstudentin in Deutschland und leider auch ein arroganter Eisblock. Da sie sich vor allem am Anfang penetrant weigert zu erzählen WAS ihr im Leben passiert ist, dass sie so geworden ist, fällt es einem schwer, sie zu mögen. Viel zu sehr liegt der Fokus zu Beginn darauf, wie viel sie schon gereist ist und wie viele Sprachen sie spricht. Kurz gesagt also: Wie unglaublich großartig sie ist.
Erst nach und nach erfährt man ihre Geschichte und die für ihren Charakter wichtigen Details kommen meiner Meinung nach zu spät.
Vor Allem am Anfang mochte ich das Buch also so gar nicht, mit der Zeit (beziehungsweise mit den Seiten) hat ich das dann aber geändert. Die Geschichte wird plötzlich interessanter und dazu kommen wichtige Informationen über die handelnden Figuren. Stellenweise war es mir dann sogar möglich, mit der Protagonistin mitzufühlen und sie zu verstehen, auch wenn ich die Erzählung oft nicht ganz stimmig fand... Die merkwürdigen Handlungsweisen Maschas konnte man am Ende immer mit einem erlittenen Trauma rechtfertigen.
Die Themen, die in dem Roman behandelt werden - Trauma, die Bedeutung nationaler Identität und verschiedene politische Entwicklungen in der Welt - machen das Buch grundsätzlich interessant. Der Russe ist einer, der Birken liebt hat wohl gleich zwei Literaturpreise gewonnen.
Diese allgemeine Begeisterung kann ich trotzdem nicht so ganz nachvollziehen. Dazu hat es mir zu lange gedauert, bis ich mich auf Maschas Geschichte einlassen konnte.
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